Neue fotografische Werkzeuge?
Montags wöchentlich 11:00 – 13:00
Erster Termin 14.010.2019
Witschgasse 9 – 11, Case, Projektraum der Fotografie
Das Seminar versucht, im Anschluss an das diesjährige Symposium„Photographic Materials: Archives and Tools“ gegenwärtige fotografische Entwicklungen in ihrer Auswirkung auf die künstlerische Fotografie und auf fotografische Anwendungen des Alltages zu beleuchten.
Dank der Weiterentwicklung von CGI-Techniken (Computer Generated Imagery) wirken virtuell entstandene Bilder heute fotorealistischer als je zuvor. Gegenstände, Oberflächen und überzeichnete Körper werden in 3D-Programmen erstellt und perfektioniert. Durch Manipulation und Simulation entsteht eine Hyperrealität, deren Wahrheitsgehalt in Frage gestellt werden muss. Welche Bilder aus der Kamera kommen und welche der Computer errechnet hat, ist kaum noch voneinander zu unterscheiden: diese Verschmelzung könnte die zukünftige Fotografie enorm verändern.
In der Augmented Reality verschmilzt der reale Raum – gesehen im Livebild des Handys – mit virtuell hergestellten Gegenständen. Mit Hilfe von Cloud Ankers können diese virtuellen Gegenstände von mehreren Benutzer*innen gleichzeitig gesehen werden. Dies könnte bedeuten, dass der öffentliche Raum in der Zukunft um eine virtuelle Realität ergänzt wird, in beiden Räumen würde man sich zeitgleich gemeinsam bewegen und handeln. Diese hinzugefügte virtuelle Realität könnte wiederum das Fotografieren danin der Zukunft maßgeblich beeinflussen.
Bei photogrammetrischen Anwendungen wird ein Gegenstand von allen Seiten fotografiert, aus diesen Fotos baut eine Software anschließend ein 3D-Modell. Das Modell besitzt eine akkurate fotografische Oberfläche, gleichzeitig ist der aufgezeichnete Gegenstand in seinen Abmessungen erfasst. Diese Technik kommt bei der satellitengestützten fotografischen Erfassung des Stadtraumes zur Anwendung. Konzernen wie Google und Apple liefern uns durch photogrammetrische Verfahren zunehmend genauere 3D-Repliken des öffentlichen Raums.
Algorithmen beeinflussen den Vorgang des Fotografierens: Das Bild wird vor dem Auslösen ausgelesen, Gesichter z. B. werden erkannt und automatisch scharf gestellt: somit werden Relevanzen innerhalb eines Motivs von den Algorithmen festgelegt. Dies ist in anderem Umfang in die Zukunft denkbar: im Sucher Erscheinendes wird erkannt, bezeichnet und bewertet und somit die Entscheidung der/des Fotograf*in beeinflusst, ob und wie weitere Aufnahmen des schon bewerteten Gegenstandes zu machen sind.
Die Fotografie ist in ihrer klassischen Präsentation zweidimensional: Bilder werden auf Fotopapier belichtet oder auf Inkjetpapier gedruckt. Heute ermöglichen neue Drucktechniken das Verarbeiten von Bildmaterial mit den unterschiedlichsten Materialien: es wird auf Stoff, Metall, Keramik oder Kunststoff gedruckt. Auch andere Techniken, z. B. der Wassertransferdruck, kann die Oberfläche eines bestehenden Körpers verändern und manipulieren. Innovative Drucktechniken verändern die flächig angelegte Fotografie hin zu der raumbildenden Skulptur.
In diesem Semester wollen wir gemeinsam Texte besprechen und Ausstellungen besuchen, die an unser Seminarthema anknüpfen. Ebenso werden Gäste eingeladen.
Mit Exkursion zur Ausstellung „Color Mania – Materialität Farbe in Fotografie und Film“ in Winterthur im November 2019.