Şirin Şimşek
Case #08 — Denise
Der Ausstellungsraum ist abgedunkelt, die gesamte rückseitige Wand ausgefüllt von einer Videoprojektion. Oder handelt es sich doch um ein Standbild? In Şirin Şimşeks Videoarbeit Denise passiert kaum etwas, umso intensiver sucht man nach Veränderungen in dem ungewöhnlichen Portrait einer jungen Frau. Auf einer Sonnenbank liegend, den Kopf leicht der Kamera zugewandt, liegt sie da, ihre Schulter ist mit floralen Motiven und chinesischen Schriftzeichen tätowiert, das lange Haar blond oder blondiert, die Augenbrauen sorgfältig gezupft und nachgezogen, die geschlossenen Augen geschminkt mit Lidschatten und Wimperntusche. Der Bildausschnitt endet gerade so dezent, dass noch ihr Dekolleté mit dem Brust-
ansatz zu sehen ist. Wer ist diese Frau? Außer ihrem Namen erfahren die Betrachter nichts. Und so steht man ihr gegenüber, registriert das sich sanft verändernde Licht aus der Sonnenbank, die leise flatternden Lider in dem sonst unbeweglichen Gesicht. Şirin Şimşeks überhöhte Darstellung einer Frauenfigur weckt Assoziationen zu Madonnenbildern – und vielleicht ist Denise genau das: eine Madonna aus den Vorstädten des 21. Jahrhunderts. Und möglicherweise gehört auch dies zu einem aktuellen Madonnenbild, dass es von einer Frau geschaffen wurde. [WE]