Julian Pache
Case #21 — this could be a picture
Julian Pache thematisiert in seiner Arbeit die Allgegenwart von Kameras in unserer heutigen Welt, deren Omnipräsenz potentiell alles und überall zum möglichen Motiv macht. Pache fotografiert aus der Vogelperspektive semi-private Orte wie Vorgärten, Dachterrassen, Innenhöfe, jedoch mit so geringem Abstand, dass jedes Detail ausgesprochen gut zu erkennen ist. An diesen Orten vermuten wir bisher keine Überwachung durch fremde Kameras – doch dies ändert sich durch den verstärkten Einsatz von mit Kameras bestückten Drohnen. Mittlerweile kann sich jeder für kleines Geld eine Drohne besorgen, die Rechtslage, wer wo damit fliegen darf, ist (noch) unklar – und selbst wenn es Verbote geben sollte, so sind Technik und Mög-
lichkeiten doch vorhanden. Der semi-private Raum, jedoch auch der vollständig private Raum der eigenen Wohnung, sind nicht mehr sicher vor fremden Blicken. Möglicherweise beobachtet und überwacht uns sogar die Kamera unseres Computers oder unseres Telefons. Alles könnte überall zum Bild werden – einerseits. Andererseits wirft Paches Arbeit auch die Frage danach auf, ob all diese Bilder überhaupt Bilder sind. Gehören zu einem Bild nicht Komposition, bewusste Wahl des Motivs, eine ästhetische Form? Mit der digitalen Bilderflut des 21. Jahrhunderts stehen wir vor einer unendlichen Menge an Material digital-fotografischer Erzeugnisse, die wir benutzen zu vielerlei Zwecken und zu verschiedenen Arten von Kommunikation – betrachten wir sie jedoch als Bilder? Pache thematisiert diese Frage, indem seine Fotografien zwar durch die Wahl der vertikalen Perspektive an technisch erzeugte Überwachungsfotos erinnern, seine Bilder sind im Kontrast dazu jedoch streng durchkomponiert und mit
einer hochauflösenden Kamera fotografiert. Im Ausstellungsraum zeigt Pache zwei großformatige Fotografien, die mit Klebefolie direkt auf die Wand gebracht worden sind: der Bildträger, so unaufällig wie möglich, verschmilzt fast mit der Wand. Auch in dieser Präsentationsform klingt das im Titel angesprochene Thema ›this could be a picture‹ an: Ist etwas ein Bild zu nennen, wenn der Bildträger temporär ist und nach der Ausstellung verschwindet? In diesem Kontext sind auch die Ausstellungsplakate zu verstehen, deren unterschiedliche fotografische Motive Teil der Ausstellung hätten sein können, aber eben nur auf den Plakaten präsent sind – und somit, vielleicht, nicht zu Bildern wurden. [WE]