Hermes Villena
Case #18 — Note to Yourself
In Hermes Villenas Installation werden die Besucher mit einem Satz konfrontiert, der sich in unendlicher Wiederholung über alle Wände und selbst über den Boden, die Decke, und das Fenster zieht: ›Delaying a choice can help you make better decisions‹ heißt es in schwarzen Großbuchstaben gedruckt. In der Mitte des Raumes steht ein gelber Liegestuhl, daneben ein mit Wasser gefüllter Tonkrug und ein Glas. Soll man es sich als Besucher dort gemütlich machen? So bequem der Liegestuhl einerseits aussieht, so wenig geeignet zur Entspannung erscheint andererseits der kahle, von hartem Neonlicht erleuchte Ausstellungsraum. Und ähnlich widersprüchlich wie diese Situation ist auch der ausgestellte Satz: Suggeriert der erste Teil ›delaying a choice‹ noch, dass die Möglichkeit besteht, eine Entscheidung hinauszuzögern, dass es vielleicht nicht immer schneller, höher, weiter sein muss – so wird im zweiten Teil des Satzes deutlich, dass dieses Hinauszögern mitnichten ohne weiteres zulässig ist, sondern selbstverständlich einem bestimmten Ziel dient, dem ›make better decisions‹. Unwillkürlich assoziiert man dieses Wiederholen eines Satzes auch mit autoritären Erziehungsmethoden, in denen Kinder zur Strafe hundertmal denselben Satz abschreiben müssen. Hier wie dort geht es darum, Individuen zu nützlichen Mitgliedern eines gesellschaftlichen Systems zu erziehen. Angewandt auf ein System, in dem Künstlerinnen und Künstler versuchen, sich zu recht zu finden und erfolgreich zu sein, hat Hermes Villena einen Satz gewählt, der als ausgezeichnete Anleitung zur Teilhabe an unserer Leistungsgesellschaft gelten kann. In diesem Sinne ist Villenas Ausstellung Note to Yourself durchaus institutionskritisch zu lesen. [WE]